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Achtsamkeit beim Aufräumen

Die 33-Jährige Japanerin Marie Kondo hat sich mit dem Buch “Magical Cleaning” als berühmteste Aufräumberaterin der Welt einen Namen gemacht.  Wie funktioniert das “magische Aufräumen”?

Kondo ist überzeugt,  dass die äußere Unordnung die innere Unordnung im Herzen widerspiegelt. Wer also sich von unnötigen Gegenständen trennt, der trennt sich auch von unnötigen Ängsten in seiner Seele. Magical Cleaning bedeutet: Achtsam seine eigene Müllabfuhr zu sein. Sich den Tatsachen zu stellen, was man tatsächlich braucht, erfordert vor allen Dingen Mut zum radikalen Wegwerfen. Das fängt schon bei der Kleidung an: an vielen Stücken hängen wir, weil wir sie zu “Schade zum Wegwerfen finden”. Trotzdem tragen wir diese Kleidung nicht. Sie vergeudet unnötig Platz und fristet allein ihr Dasein im Schrank. Marie Kondo schlägt vor, sich bei jedem Gegenstand zu bedanken, dass er seine Aufgabe erfüllt hat. Erst dann darf man ihn wegwerfen. Auf diese Art und Weise falle es vielen leichter, Abschied zu nehmen.

Sämtliche Ratgeber, dass man in kleinen Schritten aufräumen solle, Zimmer nach Zimmer, hält sie für zwecklos. “Alles muss einmal in einem großen Rutsch perfekt aufgeräumt werden” empfiehlt Kondo unerbittlich. Warum muss es perfekt sein? Weil das Gefühl, wenn man in einer wirklich aufgeräumten Wohnung steht, einer der glücklichsten Momente auf Erden ist. Die Leere und die Weite der Räume strahlen so eine Ruhe aus, dass ihre Bewohner in den unaufgeräumten Zustand gar nicht mehr zurückwollen. Ein magischer Moment. Eine perfekt aufgeräumte Wohnung ist die Initialzündung für ein Leben in Ordnung. Die wenigen Sachen, die auf den Regalbrettern übrigbleiben bleiben, werden daraufhin auch mit mehr Wertschätzung als zuvor gehegt und gepflegt, hat Kondo beobachtet.

Doch dieser Aufräum-Marathon hat es in sich: Egal ob es ein Buch oder eine Socke ist, jeder Gegenstand muss einmal in die Hand genommen werden. Erst dann, so Kondo, verbinde man sich physisch mit dem Objekt und könne sich fragen: “Macht dieser Gegenstand mich glücklich oder nicht?”. Diese Frage nach der eigenen Glücklichkeit ist essentiell für einen ordentlichen Haushalt. Wir können nur die Dinge wertschätzen, die wir haben, wenn wir uns für jeden Gegenstand klar entschieden haben. Wenn unser Bauchgefühl uns sagt: Dieses rote Kissen macht mich glücklich. Beim Anblick dieses blauen Sofas hingegen empfinde ich kein glückliches Gefühl in der Bauchgrube.  “Stellen Sie sich ein Bücherregal vor, in dem nur die Bücher stehen, die Sie glücklich machen. Allein die Vorstellung ist ein Traum!” Die Empfindung, die jeder Gegenstand in unserem Herzen auslöst, ist der rote Faden beim einmaligen magischen Aufräumen. Selbst jedes einzelne Foto aus Fotoalben sollte man einmal in die Hand nehmen, um es auf den Glücklichkeitsfaktor zu prüfen, rät Kondo. Schlechtes Gefühl: Weg damit. Gutes Gefühl: Bleiben.

Magical Cleaning bedeutet vor allen Dingen: Im Hier und Jetzt zu leben. Seine Wohnung nicht mit Erinnerungsstücken und hunderten Dingen aus der Vergangenheit beschweren, die man sowieso nie, wirklich nie, wieder aktiv betrachtet. Den Raum um sich herum frei von “G’lumpert” zu haben, um seine Gedanken frei entfalten zu lassen. Je weniger wir Objekte aus der Vergangenheit mit uns herumschleppen, umso leichter und froher können wir unsere Zukunft gestalten. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen unserer physischen Umgebung und unserer seelischen Verfassung, so Kondo.

Hat man den ersten Schritt vollbracht, seine Besitztümer um mindestens die Hälfte zu reduzieren, kommt die nächste Anweisung: Allen Dingen, die man besitzt und die einen glücklich machen, sollte man eine feste “Adresse” zu weisen. Das Problem jedes Chaos sei es, dass nicht klar ist, wo welche Dinge hingehören: Soll ich mein Handy-Ladekabel auf den Kaminsims legen? Oder in die unterste Schublade stopfen? An den Nagel an die Wand hängen? Solange Dinge keinen festen Ort haben, solange wird man immer und immer wieder von der Unordnung überrascht und fällt in altbekannte Muster zurück. Deswegen braucht jeder, wirklich jeder Gegenstand im Haus einen festen Platz, sonst ist er ein Fall für die Mülltüte.

Das Neue in der Lehre des “magischen Aufräumens” ist, das man seine Besitztümer wirklich so behandelt, als wären sie atmende Lebewesen. Mit jedem Ding, das man nutzt, sollte zärtlich umgegangen werden. So wie man mit Tieren und Kindern umgeht, so achtsam sollte man auch mit seinen Gegenständen umgehen: Als geliebte Objekte. “Ihr Wohnort sollte ein Kraft-Ort” sein, ein Ort, nur umgeben von Besitztümern, die einen glücklich machen.

Es empfiehlt sich deswegen, nach dem Moment des magischen Aufräumens, dem Zustand der perfekten Ordnung, die übriggebliebenen Gegenstände mit einem
Gefühl der Dankbarkeit zu behandeln. Bevor man seinen Mantel auszieht und an der Garderobe aufhängt, kann man im Stillen sagen “Danke, dass du mich gewärmt hast”. Bevor man seine Uhr zum Schlafengehen aufhängt, kann man sich bei ihr für das treue Anzeigen der Zeit bedanken. So wie Spitzensportler ihre Sportgeräte hegen und auf ihre Hilfe angewiesen sind, so könne man auch “einen Bund mit den starken “Heinzelmännchen” unseres Alltags schließen, schlägt Kondo vor. Das mag esoterisch anmuten, aber es verbindet einen mit den wichtigsten Dingen des Alltags.

Magisches Aufräumen bedeutet vor allen Dingen mit sich selbst ins Reine zu
kommen. “Das Aufräumen ist wie eine Inventur der Persönlichkeit”, beschreibt Kondo diesen Vorgang. Erst wenn man aufgeräumt hat, weiß man, wer man wirklich ist. Erst wenn man alle Bücher weggeworfen hat, die mit seinem Beruf zu tun haben, weil sie einen nicht glücklich machen, weiß man beispielsweise, dass es Zeit zur Kündigung ist. Die “magische Aufräummethode” führt dazu, dass man sich in kurzer Zeit mit den Dingen auseinandersetzt, die einem wirklich wichtig sind.

Durch den Prozess des Aufräumens entwickeln wir Vertrauen in unsere eigene Urteilskraft – und damit automatisch auch in uns selbst. Wenn wir uns hunderte Male fragen mussten, macht mich dieses Objekt glücklich oder nicht? wird die Verbindung zu unserer Seele geschärft. Wir wissen besser, wer wir sind.